Zuchtziele
Es ist nur ein kurzes Wort, aber wenn man anfängt, darüber nachzudenken, bringt es einen ziemlich ins schwitzen:
Was ist mein Ziel? Warum züchte ich überhaupt?
Diese Frage sollten einem auch Welpen Käufer stellen dürfen und eine plausible Antwort erwarten können.
Und ganz schnell stellt man fest, dass der Weg, den man als Züchter einschlagen möchte, einen zwischen Ideologien und Grabenkämpfen hindurch führt.
Zucht bedeutet, seinen eigenen Weg finden zu müssen, idealerweise gut vernetzt und informiert. Bekanntschaften und wenn man Glück hat, auch Freundschaften helfen, Spaß am züchten zu haben und zu behalten.
Denn züchten ist in erster Linie viel Arbeit, Verantwortung, schlaflose Nächte und Lernen, idealer Weise auch durch das, was andere schon erlebt haben.
Wie immer, wenn es um Geld geht (denn wer es darauf anlegt, kann durch Züchten Geld verdienen) ist nicht alles Gold, was glänzt.
Um durch Züchten Geld zu verdienen, muss man vor allem eines tun: Kosten sparen. Das gelingt, in dem man billiges Futter verwendet, nur ein Minimum an Untersuchungen durchführt oder idealer Weise gar nicht erst im Verein züchtet, um sich auf diese Weise alle Untersuchungen zu sparen. Ebenso, in dem man eine Hündin häufig „verwendet“, also weitaus mehr als drei Würfe mit ihr hat. Zudem keinen seiner Hunde nicht zum Züchten verwendet. Wer sich daran hält, kann durch Zucht durchaus Geld verdienen.
Entsprechend haben Züchter oft (und oft auch zu Recht) einen schlechten Ruf.
Bei Züchtern, die auf Qualität achten, nicht nur bei der Auswahl von Futter, der Auswahl der Hunde (durch genetische und körperliche Untersuchungen weit über dem, was der Verein verlangt), aber auch bei der Auswahl der zukünftigen Welpen Besitzer, die zudem viel Zeit investieren in die Ausbildung ihrer Hunde und in die Betreuung ihrer Welpen, hat Zucht einen reinen Hobbycharakter: das, was man beim Verkauf der Welpen einnimmt, deckt mit viel Glück die laufenden Kosten ab, aber nicht den investierten zeitlichen Aufwand.
Relativ früh am Anfang meiner Zucht habe ich mich also fragen müssen, warum will ich eigentlich züchten? Was wünsche ich mir als Züchter?
Wer tiefer eintaucht in die Züchterwelt, lernt nicht nur viel, er findet sich auch wieder in einem Bermudadreieck: da gibt es die Standardzüchter, gerne im VDH organisiert, eine im Fall der französischen Bulldogge zum Glück immer kleiner werdende Gruppe. VDH Züchter leben immer noch und im Bereich der Frenchies ungerechtfertigter Weise von ihrem Ruf, die einzig echten Züchter zu sein.
Jenseits der Welt des VDH gab es bis vor kurzem noch zwei große Strömungen: Farbzüchter und Retrozüchter. Beide verwenden Witzigerweise das gleiche Werkzeug, um an ihr Ziel zu gelangen: Outcross.
in der Welt der Farbzucht ist das Ziel, möglichst außergewöhnliche Fellfarben und Augenfarben zu züchten. Da im Standard nur wenige Fellfarben zu finden sind, war das Einkreuzen fremde Rassen erforderlich. Dies sollten jedoch nur die Farben verändern, nicht aber das klassische Aussehen, dass typischerweise Franzosen ohne Route und mit wenig Fang vorsieht. Das Einkreuzen fremder Rassen hat im Bereich der Farbzucht also gesundheitliche Verbesserungen eher zufällig gebracht.
Retrozüchter hingegen versuchen, die in letzter Zeit stark übertrieben gezüchteten äußerlichen Merkmale wieder weg zu züchten, die Uhr also zurückzudrehen hin zu gesünderen Hunden. Klassische Retrozüchter verwehren sich also dagegen, Fellfarben jenseits des VDH Standard zu verwenden.
Nun bleibt die Welt nicht stehen, und als Züchter züchtet man ja nicht nur, um seinem eigenen Ideal zu folgen, man ist ja auch drauf angewiesen, für seine Welpen gute Familien zu finden. Das bedeutet, dass die Wahrnehmung der Menschen durchaus auch einen Einfluss auf das Zuchtziel hat und haben muss.
Die romantische Vorstellung vieler Hundebesitzer, dass man als Züchter möglichst jeden Hund behält, kann nicht funktionieren. Züchten heißt Abschied nehmen und der Abschied fällt leichter, wenn man weiß, dass der Hund in ein gutes zu Hause kommt. Auch das ist ein Grund dafür, warum Züchter versuchen, ihre Hunde nicht billigst möglich zu verkaufen: man möchte, dass der eigene Hund wertgeschätzt und gut versorgt sein wird.
Meine Zucht selbst hat ihre Anfänge in Blue, eine Hündin, die körperlich gesehen, alle Merkmale der Retrozucht in sich vereint: Lange Route, langer Fang, genetisch und körperlich absolut gesund.
Dazu farblich zwar keine besonderen Farben, aber auch nicht im Retro Standard. Je mehr ich mich mit der Rasse und ihren Problemen beschäftigt habe, desto klarer ist für mich der Weg geworden, den ich gehen möchte:
Ich möchte von beiden Welten das Beste!
Gesundheit steht natürlich an erster Stelle, dennoch halte ich Sonderfarben für inzwischen für in den meisten Fällen, gesundheitlich unbedenklich, schwer umgänglich und zudem absolut schön.
Wer sich zwischen diesen beiden Welten bewegt, stell schnell fest, dass auch in der Hundezucht Ideologien schnell wichtiger sind als der pragmatische Blick auf die Wirklichkeit:
So schreien Züchter und auch Besitzer von Farbzuchten sehr gerne und schnell „das ist ja gar keine französische Bulldogge“, wenn der Hund, um den es geht, durch gesundheitsrelevante Merkmale, wie längere Route, längere Schnauze, längere Beine, von dem in der Wahrnehmung der Bevölkerung fest verankert Bild des Schuhkarton-Formates der Frenchies abweicht. Dabei wird bequemer Weise gerne ignoriert, dass auch bunte Farben nicht vom Himmel gefallen, sondern ebenfalls durch das Einzüchten fremder Rassen entstanden sind.
Dies bei Farben zu akzeptieren, für die Gesundheit jedoch zu verteufeln, ist einfach nur verlogen. Genauso ist es aber auch eng engstirnig, Sonderfarben grundlos zu verteufeln.
Ich bin froh, ein paar gleich gesinnte gefunden zu haben, die ebenfalls bereit sind, gesunde "bunte Hunde" züchten.