Gesundheit

Französische Bulldoggen sind - wie alle Rassehunde - von bestimmten rassetypischen Erkrankungen betroffen. Daß diese Rasse derzeit sehr stark im Fokus steht (Stichwort "Qualzucht"), liegt auch an ihrer Beliebtheit und der dementsprechenden Häufung in Arztpraxen (wer sich Röntgenbilder von z.B. Pekinesen angesehen hat, kann sich wundern, warum über diese Rasse so wenig gesprochen wird).

Das soll aber nicht darüber hinweg täuschen, daß aufgrund eines immer extremer ausgelegten Rassestandards die Ruten und Nasen teils komplett weg gezüchtet und der Körper regelrecht quadratisch und kompakt gestaltet wurde.
 
Gerade die USA treiben diese ungesunde Entwicklung bis ins Extrem: 
Bilder der dort gezüchteten, steif daher torkelnden "Big ropes" (riesige Nasenfalten), haarlosen oder Mikro-Frenchies (erwachsene Tiere kaum größer als Herrenschuhe) sind wirklich traurig anzusehen. Aber auch "weg" gezüchtete Ruten, die eingewachsen sind und täglicher Pflege bedürfen, da sie eitern, verursachen unnötiges Tierleid.
 
Da die Nachfrage das Angebot bestimmt, sind die ursprünglicheren französischen Bulldoggen, mit Rute und mit vorhandener, wenn auch verkürzter Schnauze, lange Zeit fast vollständig verdrängt worden. 
Auch wenn in Europa glücklicherweise inzwischen ein Umdenken stattfindet, teils auch gesetzlich bedingt (siehe Zuchtverbot brachyzephaler Rassen der Niederlande), hat sich in den Köpfen mancher Kaufinteressenten das alte Schönheisideal der Frenchies als "Laufende Kartoffel" fest gesetzt. Derartige Hunde züchten wir nicht!
 
Unsere Zuchtziele sind (priorisiert):
 1. Gesundheit
 2. Charakter
 3. ja, zugegeben: Farbe - aber erst an dritter Stelle.

DVL2

DVL2 ist das Allel, das - optisch - für das Auftreten von Korkenzieherruten bei französischen Bulldoggen, Möpsen und Boxern verantwortlich ist. Zudem sorgt DVL2 für kürzere, breitere Schädel, kürzere Schnauzen (wobei davon NUR die Knochen betroffen sind; das weiche Gaumengewebe bleibt normal lang, wodurch es zu Atemproblemen kommen kann).
Das DVL2-Gen steht außerdem in Verdacht, die Herzgesundheit negativ zu beeinflussen - dies ist derzeit im Fokus verschiedener Forschungsprojekte. 
 
Da diese kurze Rute Anfang des 20. Jahrhunderts bei Frenchies in Mode kam, wurde dieser Gendefekt rasant verbreitet - mit Nebenwirkungen:
 
Denn ganz nebenbei, von außen nicht wahrnehmbar, verursacht DVL2 Anomalien an der Wirbelsäule, vor allem Keilwirbel. Diese können, je nach Lage und Schwere, starke chronische Schmerzen auslösen. Zudem steht er in Verdacht, weitere angeborene Störungen, wie BOAS, Lippen-Kiefer-Gaumenspalten und Herzfehler zu verursachen. Er scheint zudem das Auftreten von Hirntumoren zu begünstigen.
 
Dieser Gendefekt entspricht in weiten Teilen dem, der beim Menschen das Robinow-Syndrom auslöst. Betroffene Menschen weisen breitere, abgeflachte Gesichtsschädel und verkürzte Extremitäten auf.
 
Durch die Popularität der extrem kurzen Ruten weisen weltweit über 93% der französischen Bulldoggen diesen Gendefekt auf. Entsprechend schwierig ist es, ihn heraus zu züchten, ohne fremde Rassen einzukreuzen. Dabei ist es - um die gesundheitlichen Folgen zu vermeiden - bereits ausreichend, wenn das gesunde Gen einmal vorhanden ist, da der Defekt rezessiv vererbt wird. Durch das Einkreuzen anderer Rassen, um "exotischer Farben" bei den Frenchies zu erhalten, sind in den letzten Jahrzehnten immer wieder vereinzelt Frenchies mit langen Ruten geboren worden - da dies als unerwünscht galt, wurden diese aus der Zucht genommen. 
Seit der Zusammenhang zwischen DVL2-bedingt kurzen Ruten und gesundheitlichen Schäden nachgewiesen ist und die Qualzucht-Diskussion in Deutschland lauter wird, setzen derzeit noch wenige, aber immer mehr Züchter darauf, Frenchies mit langen Ruten zu züchten.

Ich bin absoluter Fan langer Ruten, sie unterstützen die Hunde nicht zuletzt bei artgerechter Kommunikation!

Das DVL2-Gen ist nicht nur für kurze "Korkenzieher"-Ruten verantwortlich, sondern die Hauptursache für Keilwirbel; DVL2-Doppelträger haben zudem kürzere, breitere Gesichtsschädel.
Die Frage, ob DVL2 zudem angeborene Herzfehlern, Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, Hirntumore und BOAS fördert, wird aktuell wissenschaftlich untersucht.

links: gesunde Wirbelsäule
rechts: Extremfall Keilwirbel - so können Frenchies mit extrem kurzem Rücken aussehen

Frenchies hatten nicht immer kurze Ruten. In den Anfangszeiten dieser Rasse waren halblange Ruten, bis hin zum Sprunggelenk, die Norm.

in aller Bescheidenheit: Blue kommt diesem historischen Standard schon sehr nah

Keilwirbel

Keilwirbel sind Veränderungen einzelner Wirbelkörper. Diese sind im Röntgen / CT zu erkennen.

Leider weisen viele Frenchies mehr oder weniger stark ausgeprägte Keilwirbel auf, da durch diese Deformationen der Wirbelsäule ein insgesamt in der Länge gestauchter Rücken erzielt werden kann - was lange Zeit das Schönheitsideal der Frenchies ausgemacht hat. 
Keilwirbel können chronische Entzündungen und Schmerzen auslösen  und begünstigen das Auftreten von Bandscheibenvorfällen. Neben Bandscheibenvorfällen sind sie eines der häufigsten Ursachen für das Einschläfern von Frenchies.

Unsere drei zuchttauglichen Hunde sind komplett frei von Keilwirbeln; die beiden Kleinen haben auf den vorläufigen Röntgenaufnahmen im Welpenalter auch keine Keilwirbel oder Veränderungen aufgewiesen. 

Skizze: Querschnitt gesunder Rückenwirbel

Skizze: Querschnitt eines ausgeprägten dorsalen Keilwirbels

Chondrodystrophie

Chondrodystrophie (CDDY) kommt bei verschiedenen Hunderassen gehäuft vor; berühmt geworden ist sie zB durch die Dackellähme:
Genetisch bedingt kommt es zur verfrühten und übermäßigen Verkalkung von Bandscheiben. Dadurch verlieren diese ihre Elastizität und es kann - auch bei recht harmlosen Bewegungen - zum Bandscheibenvorfall kommen. Generell ist CDDY aktuell DER Grund für Bandscheibenvorfälle bei Frenchies! Bereits das Vorliegen EINES Allels reduziert das Alter des Auftretens von Bandscheibenvorfällen.
In verschiedenen Studien hierzu wird darauf hin gewiesen, daß kein einziger Frenchie, der mit Symptomen eines Bandscheibenvorfalls im CT war, frei von der CDDY-Mutation war. (fairerweise muss man sagen, daß es kaum Frenchies gibt, die CDDY-frei sind...)
Etliche Bandscheibenvorfälle sind für die Hunde auch komplett folgenlos: Nur wenn der Kern der Bandscheibe auf den Nerv drückt, kommt es zu Schmerzen oder Ausfallserscheinungen. Ähnlich wie beim Menschen verlaufen einige Vorfälle komplett unbemerkt.
 
Das doppelte Vorliegen des CDDY-Allels reduziert auch die Beinlänge der Hunde. Dadurch wurde das erwünschte Ziel der kompakten Frenchies erreicht - CDDY-Träger oder -freie Frenchies sind daher langbeiniger.
 
Im Alltag ist es wichtig, den Frenchie gut auszulasten: Die Vermeidung von Übergewicht und reichlich Bewegung (dadurch gut ausgebildete Muskulatur) reduziert das Risiko von Komplikationen. Prophylaktische Schonung schadet nur!
 
Wir versuchen, diesen Gendefekt aus unseren Welpen heraus zu züchten. 


Spondylose

Spondylose ist eine degenerative Bildung von knöchernen Auswüchsen an der Wirbelsäule, die im Extremfall bis zum Verwachsen von Dornfortsätzen führen kann; meist tritt sie im Bereich der Brustwirbel auf. Diese Verwachsungen versteifen die Wirbelsäule, schränken die Beweglichkeit der Hunde ein und verursachen teils starke Schmerzen. Hunde mit Spondylose sollten nicht zur Zucht verwendet werden.
Spondylose wird begünstigt durch Veränderungen der Wirbelsäule (zB Keilwirbel), sowie im Alter und durch Fehlbelastung. Zudem ist sie erblich, auch wenn der Weg der Vererbung derzeit noch nicht  bekannt ist.

Keiner unserer Hunde weist Spondylose auf.


Röntgenbild: Spondylose

Hüftdysplasie

Hüftdysplasien (HD) ist eine Fehlbildung des Hüftgelenks, durch die die Oberfläche des Oberschenkelkopfes, aber auch die Hüftpfanne in ihrer Form verändert sein können. Problematisch ist die HD vor allem bei großen Rasse (z.B. Schäferhunden), sie tritt aber auch bei kleinen Rassen, wie den französischen Bulldoggen auf - wenn auch nur selten mit echtem Krankheitswert, da durch ihre geringe Größe und kompakte Statur die Belastung der Hüftgelenke eher gering ist. 
Schätzungen gehen von 10-20% HD-belasteten Frenchies in Deutschland aus, mit einer vermutlich hohen Dunkelziffer, da HD bei Frenchies oft recht symptomarm verläuft. 

Der Zustand der Hüftgelenke wird zum einen vererbt (multifaktoriell, man kann die Veranlagung also nicht per Gentest ermitteln), zum anderen durch verschiedene Faktoren (Ernährung, (Fehl-) Belastung im Wachstum) mit beeinflusst. 
Seinen Welpen also schlank groß werden zu lassen, ihn - mindestens im ersten Lebensjahr - nicht Treppen steigen zu lassen und ihn gesund und abwechslungsreich zu ernähren, kann zu gesunden Hüften mit beitragen.
 
Durch Röntgenaufnahmen ab einem Alter von 12, besser 18 Monaten, kann man den Zustand der Hüftgelenke beurteilen - hierzu wird zum einen die Struktur von Gelenkkopf und -Pfanne beurteilt, zum anderen der Norbergwinkel ermittelt. 
Einwandfreie Hüften (A) sind bei französischen Bulldoggen sehr selten; B- bis D-Hüften eher die Regel. Im Alltag fällt das kaum auf, da Frenchies viel ihrer Kraft aus den Vorderbeinen holen und ihre meist gut ausgeprägten Muskeln die Hüftgelenke gut unterstützen. 
Gerade in Verbindung mit krankhaften Veränderungen der Wirbelsäule können Hüftdysplasien jedoch Schmerzen verursachen, weshalb es wichtig ist, auf möglichst hüftgesunde Elterntiere zu achten.

Blue hat, vom GRSK-Gutachter ausgewertet, B-Hüften, also minimale Abweichungen, Nugget weist C-Hüften auf, also eine milde Form von Hüftdysplasie. Durch die Wahl entsprechender Deckrüden balancieren wir das bei ihr aus.


BOAS

Das Brachyzephale Obstruktive Atemwegssyndrom (BOAS) ist eine Erkrankung, die insbesondere bei kurzköpfigen Hunderassen wie der Französischen Bulldogge 

ein sehr großes Problem darstellt:
Brachyzephale, also kurzköpfige, Rassen leiden darunter, daß diese Verkürzung in erster Linie den knöchernen Schädel betrifft; die weichen Strukturen (Gaumensegel, Schleimhäute, aber auch Nasenrücken) hingegen normal lang sind. Dies führt einerseits zu der Faltenbildung im Gesicht der Frenchies, sorgt andererseits dafür, daß ihnen oft die Zunge heraus hängt und sie vor allem nachts "so niedlich" schnarchen. 
Frenchies mit längeren Schnauzen haben ein besseres Verhältnis zwischen Schädelknochen und weichem Gewebe, was sich günstig für die Atmung auswirkt.
 

  • Stenotische Nasenlöcher: Die Nasenlöcher mancher Frenchies sind diesen Namen oft nicht wert, wenn man die engen Schlitze sieht, durch die sie atmen müssen. Um Luft zu bekommen (man halte sich selbst mal die Nase weitgehend zu!) schränken viele betroffene Hunde ihre Aktivitäten stark ein. Andere lernen, mit einem Ball oder Stöckchen im Maul oder gar sitzend zu schlafen, was drollig aussieht, aber in erster Linie eine Strategie ist, um das Maul offen zu halten und auf diesem Weg atmen zu können. 


  • Vergrößerte Nasenmuscheln: Durch die verkürzte Schnauze sind die Nasenmuscheln komprimiert, was den Luftstrom weiter behindert.


  • Verlängertes und verdicktes Gaumensegel: Ein überlanges Gaumensegel kann den Kehlkopfeingang teilweise blockieren und somit die Atmung behindern. Es liegt quasi schlaff auf den Atemwegen auf und muss bei jedem Atemzug mit einem gewissen zusätzlichen Kraftaufwand "beiseite geatmet" werden, bildlich gesprochen. 
  • Verengte Luftröhre: Bei einigen Französischen Bulldoggen ist die Luftröhre zu eng, was den Luftstrom in die Lungen einschränkt. Diese anatomische Abweichung kann chirurgisch nicht behoben werden


Typische BOAS-Symptome:

  • Atemgeräusche: Schnarchen, Röcheln oder Pfeifen, selbst in Ruhephasen.
  • Atemnot: Besonders bei Anstrengung oder Stress zeigen betroffene Hunde erschwerte Atmung.
  • Übermäßiges Hecheln: Auch bei moderaten Temperaturen oder geringer Aktivität.
  • Leistungsintoleranz: Schnelle Ermüdung und Unwillen zur Bewegung. Frenchies mit gesunden Atemwegen sind genauso leistungsfähig und bewegungsfreudig wie Hunde anderer Rassen!


Auswirkungen:

Unbehandelt kann BOAS zu chronischem Sauerstoffmangel führen, was das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht und schlussendlich die Lebenserwartung drastisch senkt.

Gerade im Sommer kann der ständige Atemstress zu einer Überhitzung (Hyperthermie) führen, da die effiziente Regulierung der Körpertemperatur beeinträchtigt ist. 

Wir achten bei den Verpaarungen auf Deckrüden mit möglichst gut ausgebildeten Schnauzen und weiten Nasenlöchern. 

Augengesundheit

 

Das Brachyzephalensyndrom bei Französischen Bulldoggen führt nicht nur zu Atemwegsproblemen, sondern beeinflusst auch die Augenstruktur und -gesundheit erheblich. Die kurze, breite Kopfform bewirkt eine Abflachung der Augenhöhlen, die die Augen stärker hervortreten lässt. Die Gefahr eines Bulbus-Prolaps, eines Vorfalls des Augapfels aus der Augenhöhle, wofür bei anderen Rassen ein schweres Trauma erforderlich ist, kann bei stark betroffenen Frenchies schon bei alltäglichen Belastungen erfolgen.
Die groß hervortretenden Augen verstärken das Kindchenschema, bedeuten für die Hunde jedoch eine erhöhte Anfälligkeit für Augenverletzungen und -Reizungen. Zudem bewirken die weit hervor tretenden Augäpfel, daß sich das Augenlid oft nicht vollständig schließen kann. Dadurch trocknen die Augen zusätzlich aus, was die Verletzungsgefahr der Augen-Hornhaut erhöht.


Häufige Augenprobleme:

  • Keratokonjunktivitis sicca (KCS): Auch bekannt als "trockenes Auge", entsteht durch eine unzureichende Tränenproduktion oder -verteilung. Dies kann zu Reizungen, Entzündungen und in schweren Fällen zu Geschwüren oder Narbenbildung auf der Hornhaut führen.
  • Hornhautulzera: Die exponierte Position der Augen erhöht das Risiko für Hornhautgeschwüre, die schmerzhaft sind und unbehandelt zur Erblindung führen können.
  • Distychien / Trichiasis: Hierbei wachsen die Wimpern oder Haare der Nasenfalte in Richtung der Augen und reizen kontinuierlich die Hornhaut, was zu chronischen Entzündungen und Pigmentierungen führen kann.
  • "Cherry Eye" (Nickhautdrüsenvorfall): Ein Vorfall der Drüse des dritten Augenlids, der als rötliche Masse im inneren Augenwinkel sichtbar ist. Dies kann die Tränenproduktion beeinträchtigen und erfordert oft einen chirurgischen Eingriff.

Skizzen: Vergleich normale Schädelform zu BOAS - Foto: Mops mit typischen hervorquellenden Augen